Mittwoch, 8. Dezember 2010

BETTGESCHICHTEN

Hallo Blog. Ich bin Nino. Ich finde dich lustig. Wir entdecken gerade neue Seiten an uns – das mag ich, diese Phase meine ich. Das ist immer die interessanteste Phase beim Kennenlernen – man findet sich noch aufregend und jede ach so blöde Sache am Gegenüber fällt noch unter die Rubrik „spannend“. Vielleicht ist es eines Tages nicht mehr so, bestimmt ist es so, aber solange dies noch nicht der Fall ist – lass uns doch aneinander erfreuen und hoffentlich noch ein paar andere Menschen, die unser Kennenlernen verfolgen.

Ich werde dir immer wieder Geschichten erzählen, die du dann weitererzählst – in dieser merkwürdigen Welt. Ich werde sicherlich Dinge erzählen, die du nicht immer unter der Rubrik „spannend“ abbuchen können wirst, aber das ist der Deal, da müssen wir beide durch. Und am Ende, wer weiß, vielleicht mögen wir uns richtig.

Außerdem bist du immer in Göttingen, ich komme und gehe – so eine Art sicheren Hafen finde ich sehr gut. Momentan noch besser, als sonst, da ich in den letzten Monaten viel unterwegs war und manchmal kann man da schon die Orientierung verlieren. Und da du ja Flaschenpost heißt, weiß ich, dass du nicht untergehen kannst...

Und zur Überleitung, werde ich gleich heute mit einem Thema beginnen, auf das mich eine Freundin gebracht hat: Vor Monaten haben wir uns unterhalten und sie zeigte mir völlig empört ein Bild von einem Ort, an dem sie während einer Produktion an einem Theater wohnen musste. Sie regte sich auf und ich mich mit ihr, und irgendwann meinte sie, man müsse eigentlich eine Ausstellung machen zu all den Orten, an denen man in seinem Leben, und vor allem in seiner (Theater-)beruflichen Laufbahn, übernachten muss.

Monate später erinnere ich mich fast täglich an diese Worte – in all den verschiedenen Orten und in all den verschiedenen Betten schlafend, zu denen ich wegen meiner beruflichen Reiserei kam.

Es hat was, für eine Weile zumindest, und es gibt auch Orte, an die man sehr gern hinkommt, die aufregend sind, wunderschön, skurril oder lustig. Dann welche, die man weniger gern besucht. Es hat was: Köfferchen packen, zum Bahnhof oder Flughafen fahren, zum Hotel fahren oder gehen, neue Menschen treffen, kurz: die Stadt kennenlernen, dann wieder Koffer packen und wieder zum Flughafen und Bahnhof zurück.

Irgendwann gab es aber einen Morgen, an dem ich aufwachte und kurz nachdenken musste, wo genau ich war, in welcher Stadt. Das war dann weniger toll.

Um das zu vermeiden, habe ich angefangen mir für die Betten Geschichten auszudenken, für die Betten, in denen ich schlafe, damit ich jedem dieser Betten seine Würde und Einmaligkeit zurück geben und es damit aus der Verdammnis der Verwechselbarkeit heraus holen konnte. Ich glaube, die Betten haben sich gefreut und ich hoffe, du freust dich auch, Blog.

Solange wir uns hier weiter kennenlernen und anfreunden, werde ich einige solcher Bettgeschichten erzählen, um am Ende mein Göttinger Bett vorzustellen und damit die Geschichte, die wir zusammen erleben werden – im Laufe dieser Spielzeit. Aber bis dahin sind noch einige andere dran.

Heute stelle ich das traurigste Bett vor, das ich diesen Winter kennengelernt habe; ein Bett, das sehr trostlos und alt wirkte. Sehr apathisch und desinteressiert, das es nicht mehr nötig hatte, sich die Mühe zu machen, gemütlich zu sein. 

Ich mochte es anfangs natürlich gar nicht, schon allein deswegen, weil mein Rücken es nicht mochte. Aber dann, dann irgendwann entlockte ich ihm doch ein paar Geheimnisse; es beklagte sich über die Untreue der Menschen und darüber, dass es sich niemals angenommen gefühlt hatte, dass es für Liebespiele eingesetzt wurde, aber ihm selbst niemals eins vergönnt war, da es alt war und verbraucht und hässlich...

An der Wand, hinter dem Bett hatte jemand eine Postkarte mit dem Spruch hingehängt: ES IST SO SCHÖN HIER und dieser Satz machte das ganze noch trostloser. Die Ironie kann manchmal auch einem Bett die Würde nehmen, durchaus...

Ja, es war ein sehr einsames Bett.



Aber manchmal muss man einem Ort, sowie einem Bett, eine zweite Chance geben, damit es seine guten Seiten zeigen kann... Am Ende dieser Reise liebte ich dieses Bett und mein Rücken klagte auch nicht mehr. Ich liebte dieses Bett, weil ich an diesem Ort tolle Menschen kennenlernte, mir gute Gedanken in den Sinn kamen, weil ich dort lange und gute Gespräche führte und weil es für mich zu einem sicheren Hafen geworden war. Und wie gesagt, in aufregenden, unruhigen Zeiten, lernt man solche Häfen schnell zu schätzen...

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